Compendium
„GLASSES erwischen dich wie ein Brecher am Strand, Widerstand zu leisten ist sinnlos, die Gitarren peitschen wie Stacheldraht, das Schlagzeug taumelt voran wie ein waidwunder Elefant, darauf kreischt und brüllt Sam ihre alles andere als positiven Texte. Ein fieses, düsteres und faszinierendes Album.“ Das schrieb ich 2011 über das „The Ills Of Life“-Album von GLASSES, jener Band, die 2008 von Menschen gegründet wurde, die zuvor bei TRAINWRECK, PERTH EXPRESS, 244 GL und THE FA spielten. Nur (immerhin!) rund vier Jahre hielt die Band damals durch, dann war es erstmal vorbei, denn Sängerin Sam zog nach Seattle um, und ehrlich gesagt war ich davon ausgegangen, das sei es gewesen. Aber die Corona-Pandemie hat auch ihre positiven Seiten, und so war es wohl der Lockdown, der die GLASSES auf der einen Seite des Atlantiks und das GLASS auf der anderen näher zusammenrücken ließ. Mit der Folge, dass nicht nur die Werkschau „Compendium“ in Angriff genommen wurde, sondern auch mit „Spirit crusher“ und „The wind“ als Opener der A-Seite der Doppel-LP zwei neue Songs entstanden und eingespielt wurden, die verblüffenderweise perfekt eingebettet sind in die alten Aufnahmen – verlernt und verändert wurde hier nichts. Die anderen Aufnahmen stammen von der titellosen Debüt-12“ von 2009 auf Vendetta, von der Split-7“ mit COMADRE (Vitriol/Bloodtown 2010) und der „The Ills Of Life“-LP von 2010/11 (Vendetta). Alle alten Aufnahmen wurden vom famosen Brad Boatright/Audiosiege remastert, die ersten beiden Releases von David Deutsch neu gemischt, und als ob GLASSES zuvor nicht auch schon eine soundmäßige Macht gewesen wären, kommt das alles im Doppel-LP-Format (Klappcover) mit Artwork und Layout von Sam wirklich als ultimatives Package. Einziges Gemecker: Ich stehe ja auf Textblätter und Linernotes, beides gibt es nicht. Für NIRVANA-Fans wichtig: „Scentless apprentice“ – auf „The Ills Of Life“ wie hier der Rausschmeißer – ist im Original von denen. Wer GLASSES damals verpasst hat, sollte sie spätestens jetzt entdecken.