Interiors
Man hört „Interiors“ die mehr als zwanzig Jahre Altersunterschied zu den ersten Platten „Slip“ und „Manic Compression“ auf jeden Fall an. Was sich in der Zwischenzeit und ohne das Zutun der Band zu Post-Hardcore-Klassikern gemausert hat, mag zwar Grundlage für die neuen Songs der Band um GORILLA BISCUITS-, RIVAL SCHOOLS- und DEAD HEAVENS-Mitglied Walter Schreifels und den jetzigen DEFTONES-Bassisten Sergio Vega, gewesen sein – ein Vorbild waren sie jedoch nicht.
Stattdessen haben die New Yorker es geschafft, ihren Vibe und die von ihnen eigentlich erzeugte, nüchterne Stimmung mit verzerrten Beats und aufgeräumtem Gesang ins 21. Jahrhundert zu transportieren.
Bei der Umtriebigkeit von Schreifels mag das auf den ersten Blick auch nicht verwundern, da er sich mit seinen unzähligen anderen Projekten ja eigentlich auch nicht auf nur einen Musikstil festlegen lässt.
Jedoch galt es wohl auch, einer Band neues Leben einzuhauchen, von der niemand mehr auch nur einen neuen Song erwartet hat. Wie gut, dass sie sich es anders überlegt haben. Schon während des Openers „Illuminant“ klingt heraus, wie vielseitig und spannend „Interiors“ sein könnte.
Gut, dass vor allem Songs wie „Warm and low“ diese Spannung aufrechthalten können und deutlich machen, welchen Einfluss QUICKSAND auf aktuelle Bands wie TITLE FIGHT oder CITIZEN hatten. Auf die Frage, warum sie es nicht einfach bei den hochgelobten beiden ersten Alben belassen haben und sich auf ihre anderen Projekte und Bands konzentrierten, antwortet Schreifels, dass sie sich eigentlich auch zum Schreiben neuer Songs verpflichtet gefühlt haben.
Herausgekommen sind zehn Songs plus zwei Interludes („>“ und „>>“), welche die neue Seite einer „alten Band“ zeigen, die es wirklich niemandem mehr beweisen muss. Wenn die Songs dann noch Namen wie „Feels like a weight has been lifted“ tragen, lässt sich auch erahnen, welche Bedeutung „Interiors“ für das New Yorker Trio hatte.
Nachdem man sich kurz nach der Veröffentlichung ihres Zweitwerkes „Manic Compression“ im Streit trennte, mussten wohl noch ein paar Dinge aufgearbeitet werden. Produkt dieser Katharsis sind nun Songs, die Schreifels nicht für seine anderen Rockbands wie DEAD HEAVENS oder gar RIVAL SCHOOLS hätte schreiben können – von YOUTH OF TODAY ganz zu schweigen.
Ob „Interiors“ nun jedoch nur eine von vielen Veröffentlichungen des rastlosen Sängers und Gitarristen wird, muss die Zeit zeigen. Anders als vor mehr als zwanzig Jahren heißen ihre Weggefährten jetzt jedoch nicht mehr TEXAS IS THE REASON sondern BASEMENT oder BALANCE AND COMPOSURE, die viel von ihren Vorbildern gelernt haben.
„Interiors“ will nicht belehren. „Interiors“ will sich erklären und eine Brücke über mehrere Generationen schlagen. Und das funktioniert sehr gut.