Outlaw Carnie
Beim Hören von Bob Wayne nicht an Johnny Cash zu denken ist unmöglich. Klar, der Mann in schwarz ist einzigartig und unerreicht, ja unerreichbar, aber ich denke, wenn Wayne in der Stadt ist, die Bar voll und das Publikum auch, dann ist irgendwann ein Punkt erreicht, an dem die Euphorie alle Anwesenden mitreißt und mancher glaubt, die Inkarnation des Meisters vor sich zu haben.
In dieser Stimmung kauft man dann auch nach der Show direkt am Bühnenrand eine der selbstgebastelten CDs, und stellt bei der verkaterten Fahrt zu Arbeit am nächsten Tag fest, dass Bob Wayne seine Sache zwar wirklich gut macht – er aber nicht an den Meister heranreicht.
„Outlaw Carnie“ ist das erste „richtige“ Album des Country-Musikers aus Seattle, WA, der allerdings – wer hätte das bei dem Label gedacht? – nicht aus der klassischen Country-Schule von Nashville kommt, sondern letztlich ein Punk in Cowboystiefeln ist, der seine E-Gitarre gegen ein Banjo getauscht hat.
„Truck drivin, Gun totin, Meth snortin, Blue collar true American hero“ steht auf der Rückseite von einem seiner T-Shirts, die man auf der Website erstehen kann, und damit spielt er da wie auch in den Texten seiner Songs mit dem Klischee des Redneck-Outlaws, des „Kleinen Mannes“, der auf „die da oben“ scheißt.
Ein ironisches Augenzwinkern meint man dabei immer erkennen zu können, das sollte auch so sein, denn sonst wäre Wayne nur ein weiterer konservativer Country-Musiker, der durch Truckerkneipen tourt.
Möglicherweise kommt man in den USA ohne solche Locations nicht durch’s Land, aber in Europa – im Dezember steht England auf dem Plan – tourt er im Verbund mit Scott Kelly von NEUROSIS und Steve Brodsky von CAVE-IN, was wiederum klarmacht, wo der Kerl bei aller Echtheit seiner Country-Mucke seine Wurzeln hat.
Macht Spaß, dieses Album. (Diese Band war auf der Ox-CD #93 zu hören)